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Male Loneliness Epidemic und Sigma Males

880.000 Todesfälle durch Einsamkeit – Männer besonders betroffen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt Alarm: Einsamkeit und soziale Isolation stellen ein wachsendes Gesundheitsrisiko dar – besonders für Männer. Ein aktueller Bericht zeigt, dass fehlende soziale Kontakte nicht nur die Psyche belasten, sondern auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer und Depressionen deutlich erhöhen. Männer sind dabei in besonderer Weise betroffen – oft jedoch unsichtbar.

Zu wenige soziale Kontakte

Viele Männer pflegen weniger enge soziale Netzwerke als Frauen. Freundschaften werden im Erwachsenenalter oft durch Arbeit ersetzt – fällt diese weg, etwa im Ruhestand, durch Arbeitslosigkeit oder durch Krankheit, droht soziale Leere.

Der feministische Paartherapeut Terrence Real spricht in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung von einem Ikarus-Syndrom, das er bei Männern entdeckt haben will. „Sie verlassen ihre Familie und fliegen in die Sonne, damit sie sie lieben. Sie glauben, wenn sie 80 Stunden pro Woche arbeiten und 200.000 Dollar im Jahr verdienen, werden sie ihrer Liebe würdig sein.“

Die gesundheitlichen Folgen sind jedoch gravierend: Studien zeigen ein bis zu 30 Prozent höheres Risiko für einen vorzeitigen Tod bei einsamen Menschen. Bei Männern steigt zudem die Gefahr für psychische Erkrankungen, Suchtverhalten und Suizidalität. Besonders alarmierend: Viele Betroffene suchen keine Unterstützung – und bleiben in ihrer Isolation allein.

Eine stille Krise junger Männer

Die Tageszeitung WELT spricht sogar von einer „male loneliness epidemic“, einer Epidemie männlicher Einsamkeit, die sie als „stille Krise junger Männer“ bezeichnet. Bisher war das Bild vom einsamen Menschen eher mit älteren Menschen verbunden, doch zunehmend berichten auch junge Männer und Frauen immer häufiger von Einsamkeit.

Auf den ersten Blick gibt es dabei keinen Geschlechterunterschied, Frauen und Männer fühlen sich gleich oft einsam. Während es sich bei den Frauen aber häufig „nur“ um eine emotionale Einsamkeit handelt, sind viele junge Männer auch sozial einsam, haben also keine Freunde und Ansprechpartner – oder maximal in der virtuellen Welt.

„Männliche Einsamkeit fühlt sich dagegen existenzieller an und äußert sich eher in einer grundsätzlichen Entkopplung vom Umfeld“, schreibt Jens Ulrich Eckhard in der WELT. Würden soziale Kontakte stattfinden, dann vorwiegend nur online. So haben 15 Prozent der jungen Männer und zehn Prozent der jungen Frauen keine engen Freunde, jeweils fünfmal so viele wie 1990. Bei denen, die überhaupt keine Freunde haben, ist der Unterschied in den meisten Studien noch größer.

Männer sprechen seltener über ihre Einsamkeit

Hinzu kommt, dass deutlich weniger Männer als Frauen ihre Einsamkeit auch zu einem Thema machen. Unter diesem Problem leiden auch Umfragen zur Einsamkeit. Viele junge Männer, so der Autor, der selbst als Volontär zu dieser Gruppe gehört, würden in Umfragen sich nicht als einsam beschreiben, sondern sich stattdessen in die Rolle des „Sigma Male“ flüchten. Damit wird ein Typus des „einsamen Wolfs beschrieben“, der freiwillig allein, unabhängig und selbstgenügsam ist. Eine Rolle, die auch in vielen Filmen auftaucht, beispielsweise in der Figur des Thomas Shelby aus der Serie „Peaky Blinders“. In der Realität ist diese Selbstzuschreibung aber oft nur Fassade, hinter der sich gähnende Einsamkeit verbirgt.

Was die Stiftung Männergesundheit tut

Die Stiftung Männergesundheit fördert verschiedene Männerschuppen in Deutschland (mehr Informationen dazu auf unserer Projektseite https://www.stiftung-maennergesundheit.de/projekte/maennerschuppen). Bei diesem aus Australien stammenden Konzept wird Männern ein Platz gegeben, an dem sie sich treffen und austauschen können. Weil klassische Gesprächskreise für sie oft nicht so gut funktionieren, wird in den Schuppen gleichzeitig repariert und gewerkelt. Gespräche ergeben sich dann nebenbei.

Auch andere Modellprojekte wie „soziale Verschreibungen“, bei denen Ärzte einsame Menschen gezielt mit Gemeinschaftsangeboten vernetzen, gelten als vielversprechend. Die Gesellschaft kann kein Gemeinschaftsleben erzwingen, aber sie kann Angebote schaffen, in denen Gemeinschaft entstehen kann.

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